MAN Engines

Modulares Abgasnachbehandlungssystem für Biogas-BHKW

Modulares Abgasnachbehandlungssystem für Biogas-BHKW
Im Fokus:

MAN Engines rüstet sich für zukünftige Grenzwerte für Biogas-BHKW

Die neue 44. BImSchV (Bundes-Immissionsschutzverordnung) verschärfte die Grenzwerte bei den Emissionen von Biogas-BHKWs deutlich und konfrontierte Anlagenbetreiber mit besonders strengen Emissionsgrenzwerten für Stickoxide (NOx). MAN Engines war auf die neuen Grenzwerte vorbereitet und testete bereits seit dem Frühjahr 2018 als Kooperationspartner eines vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz initiierten und finanzierten Projekts erfolgreich sein modulares Abgasnachbehandlungssystem an einer Biogasanlage im Feld. Das Projekt „Minimierung der Emissionen von NOx beim Betrieb von Biogas-BHKW“ wurde von der Technischen Universität München (TUM) durchgeführt.

Am 20. Juni 2019 trat die 44. BImSchV in Kraft und legt neue Emissionsgrenzwerte für Biogas-BHKW fest. Die schon länger erwartete Novellierung verschärfte insbesondere die Grenzwerte für Stickoxide (NOx). Waren bisher 0,5 g/Nm3 zulässig, durften sie ab dem Stichtag 0,1 g/Nm3 nicht überschreiten. Aufgrund der günstigen Verbrennungseigenschaften der MAN-Gas-Motoren konnte MAN die Grenzwerte bisher innermotorisch einhalten. Die neuerliche Verschärfung zwang aber Motorenhersteller und Anlagenbetreiber dazu neue Lösungen zu finden.

MAN Engines fand diese Lösung im eigenen Haus. Bereits seit 2015 setzt der Motorenhersteller sein aus der Lkw-Großserie abgeleitetes modulares Abgasnachbehandlungssystem (AGN) in der Landtechnik ein. Es basiert auf der SCR-Technologie und reduziert die Stickoxide mit Hilfe einer Harnstofflösung (AdBlue©). Das Konzept übertrugen die Ingenieure aus dem MAN Motorenkompetenzzentrum in Nürnberg auf Industrie-Gasmotoren für BHKW und testen die Anwendung seit März 2018 erstmals im Feld mit Biogas. Hierfür wurde vom Anlagenbauer, der Firma Elektro Hagl KG aus Geisenfeld, ein komplett neues Container-BHKW auf der Biogasanlage der Firma Götz in Markt Indersdorf bei Dachau eingerichtet. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden ein komplett neues BHKW für den Feldversuch zu installieren, um das Gesamtsystem von Grund auf neu denken zu können.“, erläutert Anlagenbetreiber Josef Götz. Als Motor wurde ein MAN E3262 LE202 Turboaggregat gewählt. Der aufgeladene V12-Motor mit 530 kWel bei 1500 min-1 eignet sich besonders gut für den Feldversuch, da er speziell für den Betrieb mit Biogas entwickelt und von der Firma Elektro Hagl angepasst wurde.

SCR-System sichert Einhaltung der Grenzwerte

Die AGN wurde in einem Containeraufbau über dem BHKW untergebracht. Diese besteht aus je einem Abgasnachbehandlungssystem pro Zylinderbank. Im SCR-Mischer (selektive katalytische Reduktion) wird dem durchströmenden Abgas eine 32,5 prozentige Harnstofflösung (AdBlue©) hinzudosiert und ein homogenes Gemisch erzeugt. Im anschließenden SCR-Katalysator werden die enthaltenen Stickoxide zu ungiftigem Stickstoff unter Bildung von Wasser reduziert. Im nachgeschalteten Oxidationskatalysator, welcher Bestandteil des modularen SCR-Systems ist, werden unter Sauerstoffverbrauch Kohlenmonoxid zu Kohlendioxid sowie Formaldehyd zu Kohlendioxid und Wasser umgesetzt.

„Ohne SCR-System wird es nicht mehr möglich sein, den Grenzwert für Stickoxide von 0,1 g/Nm3 einzuhalten“, stellt Josef Götz fest. Er verwies aber auch auf die wirtschaftlichen Unbekannten, die es im Feldversuch zu klären galt: “Wir wissen noch nicht genau, wie hoch der AdBlue©-Verbrauch sein wird oder wie oft die Katalysatoren ausgetauscht werden müssen. Ferner müssen Erfahrungen gesammelt werden, wie sich das SCR-System auf den gesamten Motorbetrieb und den Verschleiß auswirkt.“

Die beiden SCR-Katalysatoren sind aktuell im Dauerbetrieb. Ein BHKW kommt je nach Anwendung auf bis zu 8.700 Betriebsstunden im Jahr. Ein üblicher Pkw-Katalysator ist zum Vergleich auf eine Gesamtlebensdauer von gerade einmal 3.000 bis 4.000 Betriebsstunden ausgelegt. Die Standzeiten der verbauten Katalysatoren sind absolut positiv und der AdBlue©-Verbrauch lag unter den Erwartungen.

Die exakte Steuerung der Einspritzmenge der Harnstofflösung in Abhängigkeit der Roh-NOx-Emissionen bezogen auf den Grenzwert von 0,1 g/Nm3, der durch Umgebungseinflüsse und schwankender Gasqualität stark variiert, ist entscheidend für einen effizienten Einsatz der SCR-Technologie. Das AGN-System verschafft den Betreibern aber auch neue Möglichkeiten: Durch eine angepasste Betriebsweise der Motoren werden die Nachteile beim Ladungswechsel kompensiert und der Wirkungsgrad leicht gesteigert. Im Idealfall kann sich das System dadurch aus Kostensicht zumindest teilweise selbst tragen. Anhand der Ergebnisse des Feldversuchs wurden betriebswirtschaftliche Rechenmodelle erstellt, die die für die Anlagenbetreiber zu erwarteten Gesamtkosten enthalten. Die wissenschaftliche Durchführung erfolgte durch die TUM. Um Testmessungen zu erleichtern, wurden die Raumverhältnisse um die SCR-Anlage bewusst großzügig gestaltet. Der platzraubende AdBlue©-Vorratstank befindet sich außerhalb des Containers. Initiiert und finanziert wird das ganze Projekt vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.

Als Basis für den auf vier Jahre angelegten Feldversuch diente die langjährige Partnerschaft zwischen MAN Engines und der Götz Agrardienst GmbH. Der Biogasanlagenbetreiber vertraut schon seit über 20 Jahren auf die für ihre schadstoffarmen Emissionen bekannten Gasmotoren für BHKW von MAN Engines. Der Motorenhersteller entwickelt im Nürnberger Motorenkompetenzzentrum sowohl Industrieaggregate für Sondergase, wie Bio- oder Klärgase, im Leistungsbereich von 68 kW bis 580 kW als auch Erdgasmotoren von 37 kW bis 580 kW. Rund jedes zweite BHKW in Deutschland in diesem Leistungssegment enthält MAN-Motoren.

Götz selbst hat momentan acht MAN-Aggregate mit einer installierten Gesamtleistung von 3 MW im Einsatz. Verteilt auf drei Standorte versorgen sie unter anderem die Grund- und Mittelschule von Markt Indersdorf sowie das daran angeschlossene Hallenbad über ein BHKW direkt vor Ort mit Wärme. Biogasanlagen gelten darüber hinaus als CO2-neutral. Das freigesetzte Kohlenstoffdioxid wurde von den Pflanzen, die der Biomasse zu Grunde liegen, vorher aus der Luft entnommen. Josef Götz errechnete für seine Anlage ein CO2-Vermeidungspotenzial von 7.600 t pro Jahr.

MAN vertreibt bereits seit 1979 speziell für Gasanwendungen entwickelte Motoren und sieht Biogas-BHKW als einen wichtigen Bestandteil der Energiewende, um die gesteckten Ziele für CO2-Reduzierungen zu erfüllen. Gültig sind diese laut 44. BImSchV ab 2023. Bestandsanlagen haben eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2029.